Straßen in China

                          Infrastruktur - China 

2.4.4. Straßen

Wie im vorherigen Abschnitt dargestellt wurde, reichen die Kapazitäten der chinesischen Eisenbahn nicht mehr aus. Eine Möglichkeit dieses Problem zu lösen besteht darin, einen Teil des Binnenfracht- und Personenverkehrs auf andere Verkehrsträger zu verlagern. Mit Verlagerung auf Schiffe kann das Problem nicht gelöst werden, da es nicht überall Flüsse oder Kanäle gibt. Pipelines können nur einige bestimmte Güter wie zum Beispiel Öl transportieren. So bleiben die Straßen als einzige echte Alternative übrig. Vor allem der Straßengüterverkehr spielte bisher eine untergeordnete Rolle. „Er wird hauptsächlich als Anschlußverkehr für Bahn und Schiff und damit für die regionale Verteilung der Güter eingesetzt“ (Poser 1995, S.23). Die Straßen könnten jedoch in Zukunft eine Schlüsselrolle bei der Lösung der Verkehrsprobleme übernehmen. Dies wird auch in den chinesischen Staatsmedien so gesehen. „Wer reich werden will muss zuerst Straßen bauen“ (Beijing Rundschau 40/93, S.11). Beim Personenverkehr hat die Straße schon einen großen Teil der Transportleistung übernommen. Beim Frachtverkehr ist der Anteil noch geringer aber stark wachsend.

Insgesamt gesehen ist das chinesische Straßennetz in den letzten 15 Jahren enorm ausgebaut worden:

 

Tab.6: Wachstum des Straßenverkehres 1980-1995

1980

1985

1990

1995

Straßen insgesamt

(in 1000 km)

883,3

942,4

1028,3

1180

davon befestigt

(in 1000km)

k.A.

188,5

905,9

(1991)

k.A.

Tonnenfrachtkilometer

(Millionen)

76,4

169,3

335,8

489

Personenkilometer

(Milliarden)

73

172,5

262

k.A.

Quelle: 1980-1990: Statistisches Jahrbuch 1993, S.106

1995: Schüller 1997b, S.339-340

Zwar sind nun 85% der Straßen befestigt, aber nur 24% der Straßen haben eine Bitumen- oder Asphaltdecke. Weitere 31% haben einen Schotterbelag, 30% sind befestigte Erdstraßen und etwa 15% unbefestigte Erdstraßen (Zahlen aus: Poser 1995, S.24).

Das Frachtaufkommen und die Personenbeförderung sind, wie in Tabelle 6 zu sehen ist, wesentlich schneller als das Straßennetz gewachsen. Wenn man die Zahlen von 1952 mit denen von 1991 vergleicht, wird der Wachstumsunterschied noch deutlicher. In diesem Zeitraum ist das Straßennetz um 800% gewachsen, aber die Transportleistung um das 240-fache (Vgl. Poser 1995, S.24). Viele Straßen sind somit nun stark überlastet. „Auf der Hälfte der Strecken im staatlichen Straßennetz übersteigt das durchschnittliche Tages-Verkehrsaufkommen die höchste Grenze der geplanten Befahrbarkeit“ (Beijing Rundschau 40/93, S.11).

Im internationalen Vergleich ist das chinesische Straßennetz unterentwickelt. China hat nur 90 cm Straße je Einwohner, während andere große Flächenstaaten wesentlich mehr haben. So hat Indien 2 m, Brasilien über 10 m, und die USA sogar fast 25 m Straßen pro Einwohner (Vgl. Poser 1995, S.55).

Die größten Probleme im Straßennetz bestehen in den Ballungsgebieten und bei großen Verbindungsstraßen in den sich rasch entwickelnden Gebieten Ost- und Südchinas. Hier sind auch die größten Neubauprojekte im Gange. „Schätzungsweise wird bis zum Jahre 2000 die Gesamtlänge der Landstraßen Chinas 1,25 Mill. km erreichen“ (Beijing Rundschau 40/93, S.11). Neue Straßen werden hauptsächlich in den Problemgebieten gebaut (Vgl. Poser 1995, S.26). Auch der Ausbau des Straßennetzes mit allen 15 Nachbarländern wird angestrebt. Damit sollen der Wirtschaft in den abgelegenen und weniger entwickelten Grenzgebieten neue Wachstumspotentiale eröffnet werden. Auch zusätzliche Busbahnhöfe und Anbindungsstraßen sollen in Grenznähe gebaut werden (Vgl. Beijing Rundschau 46/93, S.6). Vor allem Verbindungen nach Südostasien sind wichtig. Bisher gibt es noch keine einzige für LKW ausgebaute Straße über Birma oder Laos in das boomende Südostasien. Solche Verbindungen zwischen zwei großen Wachstumsregionen der Erde, China und Südostasien, sind dringend erforderlich und befinden sich bereits abschnittsweise im Bau.

Die Straßenverkehrsprobleme sind in China zwar schon jetzt relativ groß, aber sie halten sich wohl vor allem deshalb noch in Grenzen, weil der größte Teil der Fracht mit anderen Verkehrsträgern befördert wird und weil es kaum private PKW gibt. Der motorisierte Personenverkehr wird zu 95% mit Bussen abgewickelt (Poser 1995, S.31), die die Straßen weit weniger als private PKW belasten. Es gab in China 1991 1,85 Millionen Personentransportfahrzeuge (Busse und PKW). Dies sind nur etwa 1,6 auf je 1000 Einwohner. Auf der anderen Seite gab es aber etwa 4 Millionen LKW. (Zahlen aus: Statistisches Bundesamt 1993, S.107) Dies liegt nicht nur an dem niedrigen Einkommen der chinesischen Bevölkerung, die einen PKW zu einem unerschwinglichen Luxusgut machen, sondern auch an den hohen Importzöllen und den niedrigen, staatlich festgelegten, Importquoten für Privatautos. Auch ist in China eine Genehmigung nötig, wenn man einen PKW kaufen möchte. Diese Genehmigungen werden nur an Leute verteilt, die aus der Sicht der Staatsmacht besondere Leistungen beim Aufbau des Landes erbracht haben. Der geringe Bestand an PKW könnte sich jedoch bei einem Beitritt Chinas zum GATT ändern, da viele ausländische Politiker dies als ein künstliches Handelshemmnis ansehen. Somit wird wohl die Zahl der PKW auch in China wachsen. „ Prognosen westlicher Experten sprechen von einem jährlichen Bedarf von über einer Million PKW in China bis zum Jahr 2000“. (Statistisches Bundesamt 1993, S.107). Das heißt, daß die Anzahl der PKW innerhalb weniger Jahre um ein Vielfaches steigen wird. Ein Verkehrschaos ist also vor allem in den Ballungsräumen vorprogrammiert, weil hier die vielen neuen Reichen Chinas sind, die sich ein privates Auto leisten könnten. Schon heute sind die engen Straßen in Chinas Großstädten häufig mit Fahrrädern verstopft. Würden viele dieser Menschen auf ein um ein vielfaches mehr Platz in Anspruch nehmendes Auto umsteigen, wären Verkehrsstaus von sehr großem Ausmaß die Folge. Dies würde auch verhindern, daß mehr Fracht als bisher von der überlasteten Schiene auf die Straße verlagert werden kann.

Wenn der Straßenverkehr weiterhin schnell steigt, muss mittelfristig an den Aufbau eines Autobahnnetzes gedacht werden. Mehrspurige Verbindungsstraßen zwischen den großen Ballungszentren vor allem in Südchina sind schon jetzt nötig. Ende 1992 gab es im ganzen Land nur 652 km Autobahn. Dies waren insbesondere Teilstücke um die Großstädte (Vgl. Beijing Rundschau 40/93, S.11). Eine der wenigen Überlandautobahnen ist die vor einigen Jahren fertiggestellte 122 km lange Autobahn von Hongkong nach Guangzhou (Kanton). Sie verkürzte die Fahrzeit auf dieser Strecke von sechs Stunden auf weniger als zwei Stunden (Vgl. Hongkong News 22/96, S.19). China Muss vor allem mit seiner neuen Sonderwirtschaftszone Hongkong und mit Macao, das 1999 an China zurückfällt, mit weiteren Schnellstraßen verbunden werden. Solche Projekte werden zur Zeit schnell gebaut. So wird derzeit 1 Milliarde DM in den Bau von Autobahnen in dieser Region investiert. 1,4 Milliarden DM werden zusätzlich allein in den Bau der Lingdingyuang-Brücke investiert, die die Sonderwirtschaftszone Zhouhai bei Macao mit Hongkong verbinden wird. (Vgl. Wirtschaftswoche 26.6.97, S.36).

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Um die Straßenverkehrsprobleme in China in Zukunft zu begrenzen, müssen zwei Dinge getan werden. Zum einen muss das Straßennetz noch schneller als bisher ausgebaut und verbessert werden. Zum anderen müssen die Straßen vorläufig den LKW und den Bussen vorbehalten bleiben. Personen müssen sich in China in den nächsten Jahrzehnten auch weiterhin überwiegend mit öffentlichen Verkehrsmitteln und Fahrrädern fortbewegen. Eine staatliche Beschränkung des privaten Autobesitzes ist in China angesichts des Transportengpasses durchaus auch in den nächsten Jahren sinnvoll. Dies könnte helfen den allgemeinen Transportengpaß in China nicht noch größer werden zu lassen, so daß die wirtschaftliche Entwicklung dadurch deutlich gebremst wird. Trotz all dieser Maßnahmen wird die Straße aber nur zum Teil die Bahn entlasten, so daß ein schneller gleichzeitiger Ausbau des Schienen- und Straßennetzes dringend erforderlich ist.

 

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