Telekommunikation in China - Telefone und Mobiltelefone

                          Infrastruktur - China 

2.5. Telekommunikationsinfrastruktur

Alle Anlagen und Ausrüstungen, die der Telekommunikation dienen, gehören zur Infrastruktur (Vgl. Jochimsen 1966, S.103)

Die wichtigste Telekommunikationseinrichtung ist sicherlich das Telefonnetz. Über Telefonkabel fließt heute der größte Teil der Kommunikation in der Wirtschaft. Da über das Telefonnetz zunehmend neben der menschlichen Sprache auch Daten übermittelt werden, ist die Bedeutung des Telefonnetzes in den letzten Jahren weltweit noch mehr gewachsen.

Durch den Aufbau eines Telefonnetzes gibt es viele neue Rationalisierungsmöglichkeiten in der Wirtschaft. Durch Telefonverbindungen wurde ein Großteil der Botengänge überflüssig. Faxe sind schneller und billiger als Briefe. Vernetzte Computersysteme können viel mehr und viel schneller Daten austauschen. Billig und schnell an benötigte Informationen zu kommen, ist heute für jeden Betrieb ein wichtiger Produktionsfaktor geworden. Nicht zu Unrecht spricht man heute häufig von der Informationsgesellschaft. Ohne ein leistungsfähiges Telefonnetz ist eine moderne Volkswirtschaft nicht mehr denkbar. So wird heute allgemein angenommen, daß von neuen Telekommunikationsdiensten in den nächsten Jahren weltweit wichtige Wachstumsimpulse ausgehen. Insbesondere Datennetze wie das weltweite Internet sind hier in der Diskussion. Telekommunikationsinfrastruktur kommt sowohl großen als auch kleinen Firmen zugute. „(T)elecommuni-cation infrastructure is a kind of basic investment in the national economy as a whole“ (Pfeiffer 1990, S.2).

Gerade in Entwicklungsländern ist der Aufbau eines Telekommunikationsnetzes entscheidend für Wirtschaftswachstum. „Advanced telecommunications is also typical in its leapfrogging potential for less advanced countries and the ripple effect it produces: rapid modernisation of such strategic infrastructures as telecommunications has enormous advantages for the manufacturing and service industries...“ (Teboni 1994, S.25).

Somit ist auch in China ein möglichst gut ausgebautes Telekommunikationsnetz, insbesondere Telefonnetz, nötig, wenn das wirtschaftliche Wachstum nicht durch ein zu schlechtes Netz gebremst werden soll. Ob hier ein Engpass derzeit besteht oder in Zukunft entstehen könnte, möchte ich nun untersuchen.

2.5.1. Entwicklung und Zustand der Telekommunikationsinfrastuktur

Chinas

Das chinesische Telefonnetz ist in den letzten Jahren sehr stark gewachsen:

Tab. 7: Wachstum der Telefonanschlüsse seit 1970

 

1970

1980

1985

1990

1996

Fernsprechanschlüsse:
in 1000 Stück

1311,5

2140,7

3020,3

6850,3

k.A.

pro 1000 Einwohner

1,6

2,2

2,9

6

54,7

Bemerkung: 1996: 1.Halbjahr

Quelle: 1970-1990: Statistisches Bundesamt 1993, S.113

1996: Schüller 1996a, S.666

 

Aus der Tabelle geht hervor, daß das Netz in den 90er Jahren am schnellsten gewachsen ist. Die Wachstumsrate der Anschlüsse pro 1000 Einwohner von China betrug zwischen 1990 und dem ersten Halbjahr 1996 44,6 % jährlich. Es ist allerdings zu bedenken, daß die Anzahl der Telefonanschlüsse 1990 nicht sonderlich groß war. Somit war ein hohes prozentuales Wachstum leichter zu erreichen. Noch 1992 gab es in Tokio mehr Telefonanschlüsse als in ganz China (Vgl. The Economist 28.11.92, S.72). Dennoch ist das Wachstumstempo sehr beeindruckend. Zum Beispiel betrug 1993 die Zuwachsrate des Post- und Telekommunikationssektors gegenüber dem Vorjahr 59 Prozent (Vgl. Staiger 1994b, S.463). Im ersten Halbjahr 1996 erhöhte sich das Geschäftsvolumen dieses Sektors um immerhin noch 37,9% gegenüber der Vergleichsperiode des Vorjahres. Die Anzahl der Anschlüsse ist in diesem einjährigem Zeitraum um 8,17 Mio. gewachsen. (Zahlen aus: Schüller 1996a, S.666-667) Somit wurden in nur einem Jahr mehr neue Anschlüsse verlegt, als es insgesamt 1990 gab.

Die Qualität ist für ein Entwicklungsland recht gut. So ist ein großer Teil der Städte an ein Direktwahlsystem angeschlossen. Auch Auslandsverbindungen nach dem Direktwahlsystem sind bereits von vielen Städten aus möglich. (Vgl. Statistisches Bundesamt 1993, S.113)

Auch gelang es in China rasch ein Mobilfunknetz aufzubauen. Waren 1991 noch 31000 Mobilfunkteilnehmer in China registriert (Vgl. Statistisches Bundesamt 1993, S.113), waren es im ersten Halbjahr 1996 bereits 5,12 Mio. (Vgl. Schüller 1996a, S.666). Dies ist auch im internationalen Vergleich ein recht großes Mobilfunknetz. Allein 30% der Mobilfunkteilnehmer kommen aus der Provinz Guangdong in der Nachbarschaft zu Hongkong (Vgl. Schüller 1996a, S.666). „Mit seinen 7 Mio. Cityrufgeräten ist China schon jetzt einer der größten Märkte auf diesem Gebiet“ (Staiger 1994b, S.463).

Auch in Zukunft soll in China das Telefonnetz ausgebaut werden. Bis zum Jahre 2000 werden in China 140 Mio. Telefonanschlüsse erwartet. Damit hätte China die USA, in denen es etwa 160 Mio. Telefonanschlüsse gibt, fast eingeholt. (Zahlen aus: The Economist 3.2.96, S.66) Die Zahl der Mobilfunkteilnehmer soll dann etwa 18 Mio. betragen (Vgl. Schüller 1996a, S.667). Laut Angabe des zuständigen Ministeriums soll bis zum Jahre 2000 das ganze Telefonnetz digitalisiert sein (Vgl. Beijing Rundschau 9/93, S.7).

Mitte 1996 gab es etwa 100.000 Teilnehmer an Datennetzen. Dies ist ein enormer Zuwachs seit Ende 1993. Damals gab es erst 1700 Teilnehmer. Allerdings sind die meisten dieser 100.000 Rechner nur an chinaweite Datennetze angeschlossen. An das weltweite Internet waren nur etwa 12.000 Teilnehmer angeschlossen. An das weltweite email-System gerade mal 8885 Teilnehmer. (Zahlen aus: Schüller 1996a, S.666)

2.5.2. Mögliche Engpässe in der Telekommunikationsversorgung

Wie groß ein Telefonnetz sein muss, damit es auf einer bestimmten wirtschaftlichen Entwicklungsstufe als ausreichend gelten kann, ist umstritten. Dennoch kann man mit Hilfe des internationalen Vergleichs abschätzen, ob ein Netz eher besser oder schlechter ausgebaut ist. Zum Vergleich möchte ich wieder die im vorderen Teil angesprochenen Vergleichsländer heranziehen.

 

Tab. 8 : Internationaler Vergleich der Telefonanschlüsse

 

BIP pro Kopf

US$

(1994)

Fernsprechanschlüsse

pro 1000 Einwohner

(1994)

Mobilfunkteilnehmer

je 1000 Einwohner

(1993)

       
China

530

14

0,5

Indonesien

880

10

0,3

Philippinen

960

14

k.A.

Thailand

2210

38

8

Malaysia

3520

127

17,9

Südkorea

8220

387

10,8

Japan

34960

477

17,1

Quelle: Statistsiches Bundesamt 1995b, S.118

 

Somit war das feste Telefonnetz Chinas 1994 bereits besser ausgebaut als das Netz Indonesiens und gleich gut wie das Netz der Philippinen, obwohl beide Länder wirtschaftlich weiter entwickelt waren. Nimmt man für China die Zahlen aus Tabelle 7 aus dem Jahre 1996 (Fernsprechanschlüsse 54,7 je 1000 Einwohner), so ist zu sehen, daß China schon die Dichte eines Schwellenlandes wie Thailand überschritten hat. Die im Jahre 2000 angestrebte Zahl von 140 Mio. Anschlüssen entspricht, bei bis dahin etwa 1,3 Mrd. Einwohnern, einer Dichte von etwa 107 Anschlüssen pro 1000 Einwohner. Damit hätte China sein Telefonnetz wesentlich weiter entwickelt als es Thailand heute hat. Es würde schon fast der heutigen Dichte Malaysias entsprechen. Das BIP pro Kopf dürfte im Jahr 2000 in China auch bei 10% Wachstum jährlich unter 1000 $ liegen. Somit wäre der Ausbau des Telefonnetzes der wirtschaftlichen Entwicklung im Vergleich mit den obigen Ländern vorausgeeilt. Aus dem internationalen Vergleich folgt deshalb, daß das Telefonnetz kein Engpaß für weitere wirtschaftliche Entwicklung ist, wenn China sein Netz wie geplant ausbaut.

Auch das Mobilfunknetz ist in China seit 1994 stark gewachsen. Die gut fünf Millionen Handys, die es 1996 in China gab, entsprechen bei etwa 1,2 Milliarden Einwohnern, schon einer Dichte von über 4 Stück je 1000 Einwohnern. Dies entspricht im internationalen Vergleich mit obigen Ländern auch dem eines Schwellenlandes.

Als ein größeres Problem könnte sich die ungleiche Verteilung des Telefonnetzes erweisen. In den vergangenen Jahren wurde der Ausbau des Telefonnetzes vor allem in den Städten und Industriezentren vorangetrieben. Die Städte verfügten in einer Untersuchung von 1991 über 80% aller Telefonanschlüsse, während der ländlichen Raum, in dem 73% der Bevölkerung lebt, mit 20% auskommen muß (die Dichte lag in den Städten elfmal so hoch wie auf dem Land). (Vgl. Statistisches Bundesamt 1993, S.113) Da in den nächsten Jahren in China vor allem eine Industrialisierung des ländlichen Raums angestrebt wird und da eine von moderner Industrie geprägte Region mehr Kommunikation benötigt als eine von Landwirtschaft geprägte Region, könnte hier ein Problem auftauchen.

Die neuen Technologien zur Datenübertragung sind in China noch relativ wenig ausgebaut. Jedoch ist sich die chinesische Regierung auch hier der Probleme bewußt. So wird an den Bau von Infomations-Superhighways gedacht. Ein Glasfasernetz mit 22 Hauptlinien befindet sich im Bau. Desweiteren sollen 22 digitale Microwellenhauptlinien zur Datenübertragung gebaut werden. Auch der Aufbau eines Satillitennetzes samt Antennen ist im Gange. Ein Hochleistungsnetz zur Datenübertragung ist bereits fertiggestellt. (Vgl. Staiger 1994b, S.463)

Diese Netze werden jedoch meist nur für nationale Datenübertragung genutzt. Moderne Volkswirtschaften brauchen jedoch gerade in einem Land, das große Hoffnungen auf internationalen Handel und ausländische Technologien setzt, schnellen Informationsaustausch mit dem Ausland. Die 12.000 Rechner die landesweit an das größte weltweite Datennetz, das Internet, angeschlossen sind, reichen nicht aus. Vermutlich versucht die chinesische Führung den Ausbau des Internets in China zu verhindern, weil sie kein Kontrolle über dieses Medium hat. Hier muß sich die Politik schnell ändern, wenn China nicht den Anschluß verlieren will. In mehreren Teilen des Landes wächst diese Einsicht, so daß einige Provinzen jetzt die Zugangsmöglichkeiten zum Internet ausbauen wollen. (Vgl. zu Datennetzen in China: Schüller 1996a, S.667)

Reifen

2.5.3. Fazit

Die chinesische Telekommunikationsinfrastruktur ist schlechter ausgebaut als in den Industrieländern. Jedoch ist im internationalen Vergleich zu sehen, daß dieser Teilbereich der Infrastruktur in China besser ausgebaut ist als in vergleichbaren Entwicklungsländern. In China wird das Telefonnetz derzeit mit großen Erfolgen rasch ausgebaut. Wird dieser Ausbau fortgesetzt und wird das Ausbautempo in den ländlichen Regionen beschleunigt, ist hier kein wesentliches Problem in der Zukunft zu erwarten. Anders als in anderen Teilbereichen der Infrastruktur kann hier der Ausbau mit der wirtschaftlichen Entwicklung leicht mithalten. Wenn der Ausbau weiterhin so zügig vorangeht, könnten sogar von der Telekommunikationsinfrastruktur neue Wachstumsimpulse ausgehen, die das Wachstum nicht bremsen sondern beschleunigen. Die mangelnden Zugangsmöglichkeiten zum Internet könnten in Zukunft jedoch einen großen Nachteil für die wirtschaftliche Entwicklung darstellen, wenn sich die Politik hier nicht ändert.


Artikel von mir aus dem Jahre 2008 zum Thema: Jeder 2. Mensch auf der Welt hat ein Handy

 
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